? Vorfälle, erlebt von der B1 JSG LAHN in Oelsberg ?

Gepostet von Marc Happel

Jugendleiter, Trainer und Hygienebeauftragter aus Gückingen. Ausbildung: Trainer-C Kinder u. Jugend

8. Oktober 2022

Kanaken! Kanaken! Die spielen nur mit Kanaken! So halte es bereits in der Halbzeitpause durch den Zuschauerbereich am Platz, als der Kasten Bier über die Bande der Heim – Auswechselbank gehievt wurde. 3:0 stand es da bereits, aber dieses Ergebnis war an diesem Abend tatsächlich nebensächlich. Zu klar die Diskrepanz zwischen Freizeitsport und den Problemen dieser Gesellschaft. Oder ist es gar kein gesellschaftliches Problem, sondern eher ein ortsbezogenes?

Tatsächlich waren wir darauf vorbereitet, von allen Seiten kam der Hinweis, dass dort ein „heißes Pflaster“ sei. Also warteten wir bis nach dem Aufwärmen, ob dieser Begriff, sich sichtbar abzeichnete. Kurz vor dem Anpfiff, NICHTS zu erkennen, lediglich 3 bis 4 Erwachsene, die neben den Trainern und Verantwortlichen, als friedliche Eltern zuzuordnen waren. Die erste Halbzeit verlief ereignisarm. Eine einzige Hitzigkeit auf dem Platz, wurde vom Schiedsrichter schnell im Keim erstickt. Als er sich umdrehte, ein erster Hinweis, auf das, was kommen sollte. Einem kurzen Schubser, ein unschuldig wirkender Spieler, eine Unterlassensaufforderung vom Trainer, folgte ein sich auflehnen eines pubertierenden 16 jährigen, mit einem erwachsenen fremden Mann an der Seitenlinie. Halb so schlimm! Es war ja gleich Halbzeitpause….

Aus der Kabine kommend, folgte in Halbzeit zwei etwas, was nicht mit einem „heißen Pflaster“ kaschiert werden kann. Eine Horde Jugendlicher entwickelten sich von Minute zu Minute aggressiver, sodass für Außenstehende, nur noch schwer, ein Anführer oder Anstifter zu erkennen war. Die aus Stadiongesängen abgeleitete Parole: „Alles außer die Heimelf, ist scheiße!“, war dabei die kleinste Form der Demütigung der Gästemannschaft. Als Gruppengesang, mit Schlägen gegen die Bandenwerbung, skaliert diesen Vorgang noch einmal um ein vielfaches, in einem an sich friedlichen Fußballspiel. Ebenso der gemeinschaftlich angestimmte Gesang über den Vornamen eines Gästespielers, der erst bei genauerer Betrachtungsweise, seine beleidigende Wirkung erzielte! Die von außen in der gesamten verbleibenden Spielzeit hereingetragenen Aufforderungen, den überlegenen über kreislich spielenden Gegner durch Fouls und Tritte zu Stoppen, kam das Heimteam zum Glück nur marginal nach. Der Hass kam sichtbar von außen und wurde zwischenzeitlich durch den Schiedsrichter, mit einer Aufforderung zur Mäßigung an den Trainer der Heimmannschaft, unterbrochen.

Mit Beendigung der Partie, die erstaunlich fair mit nur einer gelben Karte für die auf gepushte Heimelf endete, wurde aus ungläubigem und kopfschüttelnden Erstaunen, Angst! Zum Schutz unserer Siegermannschaft zogen wir das gesamte Team als Gruppe zusammen und richteten in einer nochmaligen Ansprache unseren Appell an die Truppe, dass das vorbildliche Verhalten unserer bunten Mannschaft, die neben außergewöhnlichen Namen, unterschiedlichen Hautfarben, abweichendem Bartwuchs, fehlenden Deutschkenntnissen, körperlich sichtbaren Behinderungen oder differenzierter Haarbracht, noch manch andere Vielfalt aufweist, dass der anstehende Gang in die Kabine, als Team geschlossen und gemeinschaftlich angetreten wird und wir uns nicht von der Menge provozieren lassen. Der Weg dahin führte leider erneut an dem mittlerweile alkoholisierten Mob vorbei, der nun, zum Abschluss, nicht mehr allgemeingültig, sondern gezielt und persönlich beleidigend, skandierte. Empfohlene Friseurbesuche, das „lieben“ der eigenen Mutter oder der Sohn einer für liebe bezahlten Frau, lesen sich zwar lustig, liebe Leserinnen und Leser, sind aber aus einer Gruppe gezielt gerufen und mit den richtigen Begriffen versehen, für einen persönlich, alles andere als spaßig zu nehmen. Sie waren wie ein Schlag ins Gesicht. Mit Mühe schafften wir es in die Kabine, zogen uns um und verließen geschlossen das Gelände. Bis auf den Trainer, der aufgrund seiner Behinderung, nachwankte. Durch die wütende Menge hindurch, die der siegreichen Mannschaft hinterher riefen und ihr fürs Wiedersehen, prügel androhte.

Die Menge war überwiegend unterhalb der Volljährigkeit. Verantwortlich fühlende, nicht anwesend! Was soll ich denn gegen „Die“ tun, antwortete der Trainer im Nachgang. Und verständlicher Weise muss auch ihm Recht gegeben werden, denn um ehrlich zu sein, ist in diesem fortgeschrittenem Alter, das Eingreifen gegen eine erhitzte Menge, grenzwertig. Es nicht soweit kommen zu lassen, wäre eine Möglichkeit gewesen….

Wer also trägt Schuld? Nicht wir alle als Gesellschaft, wenn in einer coronageplagten und kriegserschütternden Zeit, heranwachsende Allein gelassen werden?

Egal wie! Meine Trainer und ich, sind es unserer Mannschaft schuldig! STOLZ, nicht aufgrund des sportlichen Sieges, der den Einzug in die nächste Pokalrunde brachte! STOLZ, viel mehr auf unsere Mannschaft, die bunt zusammen gestellt, alle allgemeinen und persönlichen Beleidigungen überhörte, sich nicht provozieren lies und Hass nicht mit Gewalt, sondern in Geschlossenheit und Zusammenhalt umwandelte und wir als Team füreinander einstanden! Das wir es dennoch nicht einfach hinnehmen sondern darauf aufmerksam machen, das ist unser Beitrag, damit umzugehen. Als VORBILDER eben, die es in heutiger Zeit, viel zu wenig gibt!

Kanake im Duden: Herkunft => Polynesisch kanaka = Mensch

Kanaken! Kanaken! Die spielen nur mit Kanaken!

Menschen! Menschen! Die spielen nur mit Menschen!